Nationalsozialistische Baupläne auf Rügen: Das KdF-Seebad Prora

In den 1930er-Jahren rückte die Insel Rügen in den Fokus der nationalsozialistischen Propagandaarchitektur. Mit dem geplanten KdF-Seebad Prora sollte an der Prorer Wiek das größte Erholungszentrum Europas entstehen. Die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) plante ein gigantisches Bauwerk für 20.000 Urlauber – jedes Zimmer mit Blick auf die Ostsee. Zwischen 1936 und 1939 entstanden sieben von acht jeweils 550 Meter langen Bettenhäusern im Rohbau. Parallel baute der Reichsarbeitsdienst (RAD) entlang der Proraer Allee Unterkunftslager. Die Grundsteinlegung erfolgte am 2. Mai 1936 – dem Jahrestag der Gewerkschaftszerschlagung. Doch mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 kam der Bau fast vollständig zum Erliegen. Prora wurde nicht als Seebad, sondern als militärischer Standort genutzt. Das monumentale Bauvorhaben blieb unvollendet – ein Mahnmal für die Brüche und Pläne des NS-Staates auf Rügen im 2. Weltkrieg.

Rügen im 2. Weltkrieg: Prora als militärisches Zentrum

Nach dem Baustopp wurde das Gelände militärisch genutzt. Bereits 1940 ließ das NS-Regime das Reserve-Polizeibataillon 105 in Prora ausbilden, bevor es nach Norwegen verlegt wurde. Weitere Einheiten folgten, darunter Trupps aus Dresden und Stettin. Ab 1942 übernahm die Kriegsmarine Teile der Anlage, um Fernmeldehelferinnen – sogenannte „Blitzmädchen“ – zu schulen. Die unvollendeten Blöcke dienten als Kasernen. Zur Instandhaltung und zum Teilausbau setzten die Behörden Tausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ein. Prora war damit nicht nur logistisches Rückgrat, sondern auch Schauplatz systematischer Ausbeutung – ein weiterer Ausdruck der militärisch-industriellen Nutzung von Rügen im 2. Weltkrieg.

Zwangsarbeit und Flüchtlingsunterbringung in Prora

Während die ursprüngliche Nutzung als Urlaubsdomizil nie Realität wurde, diente Prora im Kriegsverlauf auch als Notunterkunft. Zwangsarbeiter und Gefangene machten einzelne Blöcke bewohnbar. Zwei Treppenhäuser im Block III und der dreigeschossige Block 0 wurden soweit ausgebaut, dass dort Flüchtlinge und Bombenopfer zeitweise untergebracht werden konnten. Die Gebäude waren provisorisch, kalt und überfüllt – fernab jeder Urlaubsidylle. Der „Koloss von Prora“ wurde zum Symbol für ein Scheitern gigantischer Visionen unter den Bedingungen des Krieges. Auch dieser Aspekt ist Teil der Geschichte von Rügen im 2. Weltkrieg.

Historische Bedeutung und heutige Aufarbeitung

Nach dem Ende des Krieges nutzten zunächst sowjetische und später DDR-Truppen das Areal weiter. Erst ab den 1990er-Jahren begann eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Komplexes. Heute ist Prora ein geschütztes Baudenkmal. Ausstellungen, Museen und Führungen thematisieren die NS-Planung, Kriegsnutzung und Zwangsarbeit. Besucher können direkt vor Ort nachvollziehen, wie sehr Rügen im 2. Weltkrieg in politische, militärische und gesellschaftliche Strukturen eingebunden war. Prora steht heute für Aufarbeitung und Erinnerungskultur – als ein zentraler Ort historischer Bildung und kritischer Reflexion auf der Insel Rügen.

Alle Infos zum KdF-Bad Prora gibt es auch hier:

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Die Zukunft von Prora liegt in der Mischung aus Denkmalpflege und touristischer Nutzung. Investoren entwickeln Luxusimmobilien, während Museen die NS- und DDR-Geschichte lebendig halten. Prora soll sich zu einem kulturellen und touristischen Hotspot an der Ostsee weiterentwickeln, der gleichermaßen Wohnraum, Freizeitangebote und historische Bildung vereint. Kritiker warnen jedoch vor der Kommerzialisierung des Denkmals, während Befürworter den Erhalt der Bausubstanz und die touristische Belebung als Chance für die Region sehen.